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Immer wieder begegnet uns in der anwaltlichen Praxis die von Mietern vorgetragene Auffassung, der Mieter müsse – in jedem Fall – auch ohne Kündigung und ohne Abwarten der Kündigungsfrist bei Benennung eines oder bis zu drei Nachmietern sofort  aus dem Mietverhältnis entlassen werden.

 

Ein Gerücht…weil es sich seit langen Jahren hält…

 

Ein Gerücht, weil es inhaltlich ….außer bei einigen sehr eng begrenzten Ausnahmen….nicht der Rechtslage entspricht.

 

Unlängst hatte sich der BGH einmal wieder mit dieser Thematik zu beschäftigen und hat dies zum Anlass genommen, die unverändert fortbestehende Rechtssituation in einigen Teilaspekten weiter zu schärfen.

(BGH, Urt. v. 07.10.2015, VIII ZR 247/14)

 

Zunächst :

Vor der letzten Mietrechtsreform stellte sich die Problematik der Bindung an Mietverträge für die Mieter noch belastender dar, da in Abhängigkeit von der Mietdauer zum Teil sehr lange Kündigungsfristen galten. Seit der Reform gilt für Mieter – außer bei einer anderweitigen vertraglichen Gestaltung – von Gesetzes wegen eine 3-monatige Kündigungsfrist (juristisch  präzise > Kündigungszugang spätestens zum 3. Werktag eines Monats mit Kündigungswirkung zum Ablauf des übernächsten Monats).

Das Interesse eines Mieters, sich kurzfristiger einem Mietvertrag zu entziehen, beschränkt sich daher heutzutage vor allem auf die Fälle der wirksamen Vereinbarung

 

– eines  zeitlich befristeten Mietvertrages ( die Befristung schließt in der Regel das Recht zur ordentlichen Kündigung aus !) oder

 

– eines  Kündigungsverzichtes für eine bestimmte Dauer.

 

In allen anderen Fällen wird auch von der Rechtssprechung grundsätzlich die Einhaltung der relativ kurzen 3-monatigen Kündigungsfrsit für zumutbar erachtet.

 

Was aber nun, wenn man kurzfristig eine schöne oder preiswertere Wohnung anmieten kann, wegen eines neuen Jobs in eine andere Stadt umziehen muss, sich die Familie durch Heirat oder Kinder erweitert und der Platz nicht ausreicht oder ein Umzug ins Pflegeheim notwendig wird, oder….oder ….oder…  . Es gibt viele Lebenssituationen, in denen ein Mieter entgegen seiner ursprünglichen Lebensplanung trotz Vereinbarung eines z.B. auf 4 Jahre nicht kündbaren Mietverhältnis wesentlich früher aus dem Mietverhältnis aussscheiden möchte.

 

Hierbei liegt in der Regel ein Grund für eine fristlose Kündigung nicht vor.

 

Auch wird selten ein mieterseitiges Recht zur Gestellung eines Nachmieters ausdrücklich vereinbart.

 

Es gilt der Grundsatz der Vertragstreue ! Gemäß § 537 Abs. 1 BGB trägt der Mieter das Verwendungsrisiko der Mietsache. Er mietet die Wohnung für eine bestimmte Zeitdauer an. Es ist sein Risiko, wenn er die Wohnung nicht für diesen Zeitraum benötigt.

 

Ausnahmen läßt die Rechtsprechung nur in einem sehr eng begrenzten Rahmen unter Hinweis auf den Grundsatz von Treu und Glauben – § 242 BGB – wegen absoluter Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung der Bindung an den Mietvertrag – zu.

Das ist der Fall

– wenn der Mieter berufsbedingt gezwungen ist, einen Ortwechsel vorzunehmen

d.h. aber auch, tägliche Anfahrten von bis zu 100 km sind zumutbar und zwingen nicht zum Umzug ; die Bewerbung auf einen neuen Job ist freiwillig,  der so  herbeigeführte Jobwechsel nicht erzwungen ( der BGH hat diese konstellation bislang nicht ausdrücklich entschieden )…..

 

– wenn der Umzug ins Alters- oder Pflegeheim notwendig wird.

 

– wenn der Mieter heiraten will oder wenn sich Familiennachwuchs angekündigt hat und die Wohnung zu klein ist

d.h. hier schlägt der grundgesetzliche Schutz der Familie durch.

 

Darf der Mieter in diesen Fällen ausnahmsweise einen Nachmieter benennen, obliegt es ganz allein ihm, den Vermieter über die Person des Nachfolgers aufzuklären und ihm sämtliche Informationen zur Verfügung zu stellen, die der Vermieter benötigt, um sich ein hinreichendes Bild über die persönliche Zuverlässigkeit, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und das ernsthafte Mietinteresse  des Nachmieters zu machen.

 

Der Vermieter muss sich nicht aktiv an der Nachmietersuche beteiligen. Nach der aktuellen Entscheidung des BGH muss er weder Hinweisschilder eines Maklers an der Wohnung dulden, noch dem Mieter für die Nachmietersuche Fotos, Texte und Grundrisszeichnungen zur Verfügung stellen. Er ist auch nicht gehalten, Wohnungsbesichtigungen  durch seine aktive Mithilfe zu ermöglichen.

Die Beschaffung aller für die Beurteilung des Nachmieters relevanten Unterlagen obliegt allein dem Mieter.

 

Der Vermieter hat eine angemessene Prüf- und Überlegungsfrist, nach der Rechtssprechung von bis zu 3 Monaten.

Ist der Nachmieter geeignet, ist der Vermieter nicht zum Abschluss eines Mietvertrages mit diesem verpflichtet. Der Mieter wird aber nach Ablauf der Überlegungsfrist des Vermieters von dem Zeitpunkt an von den mietvertraglichen Verpflichtungen frei, zu dem der Nachmieter zur Übernahme der Wohnung bereit gestanden hätte.

 

Der Beurteilung der Geeignetheit des benannten Nachmieters liegt für beide Mietvertragsparteien ein nicht unerhebliches wirtschaftliches Risiko inne. Eine gerichtliche Klärung erfordert Zeit und erst am Ende steht fest, ob der Mieter doch weiter verpflichtet ist – und Miete nachzahlen muss – oder der Vermieter den Nachmieter hätte akzeptieren müssen – und nun für die Dauer der Klärung auf dem Mietausfall sitzen bleibt. In dieser Situation ist es den Mietvertragsparteien daher oft anzuraten, eine einvernehmliche Kompromisslösung zu finden.