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Europarechtliche Vorgaben prägen zunehmend unseren Alltag. Im Reiserecht ist dies u.a. die Fluggastrechtverordnung, die Entschädigungsleistungen je nach Dauer einer Flugverspätung vorsieht.
Aber wann kommt ein Flugzeug verspätet an? Für die Feststellung der Dauer der Verspätung können Minuten entscheidend sein.
So hat der Europäische Gerichtshof gerade entschieden, dass für die Feststellung einer Ankunftsverspätung – und damit für die Höhe einer Entschädigung- nicht das Berühren des Bodens (touch down), sondern das Öffnen der Flugzeugtür maßgeblich sei. (EUGH vom 04.09.2014 – C-452/13).
Bereits zuvor hatte der Bundesgerichtshof geurteilt, dass auch die Angabe “voraussichtlicher Hinflug Tag/Uhrzeit” in der Reisebestätigung maßgeblich für die Feststellung einer etwaigen Flugverspätung ist. Der Zusatz “voraussichtlich” relativiere aus Sicht eines Verbrauchers die konkrete Vereinbarung einer bestimmten Hinflugzeit nicht.
Ob nun mit Absicht in Ansehung dieses BGH Urteils oder aufgrund anderer Umstände hatte ein anderer Reiseanbieter neben der bloßen Angabe eines Hin- und Rückflugdatums den Zusatz “Genaue Flugzeiten noch nicht bekannt” aufgenommen. Mit einem derartigen Zusatz würde sich der Reiseveranstalter letztlich der genauen Feststellung einer Flugzeitverzögerung mangels Bestimmung einer vertraglich vereinbarten Startzeit des Fluges entziehen.
Hiergegen hat der Bundesverband der Verbraucher geklagt und beanstandet, die konkrete Benennung einer Flugzeit sei nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 BGB – InfoV zwingend erforderlich.
Mit Urteil vom 16.09.2014 stellte der BGH fest, dass die genaue Uhrzeit für die Hin- und Rückreise durchaus erst zu einem späteren Zeitpunkt durch den Reiseveranstalter festgelegt werden kann. Wenn die Vertragsparteien bei Abschluss des Reisevertrages lediglich das Datum vereinbaren, den genauen Zeitpunkt aber weder durch Angabe einer festen Uhrzeit noch durch sonstige Vorgaben festlegen, müsse auch die Reisebestätigung keine darüber hinausgehenden Angaben enthalten (BGH Urteil vom 16.09.2014 – X ZR1/14).
Für den Reisenden bedeutet dies, dass er bereits bei Abschluss des Reisevertrages auf die genaue Bestimmung einer Abflugszeit und deren Angabe in der Reisebestätigung bestehen sollte. Ist dies nicht möglich, werden Ansprüche auf Entschädigung erheblich erschwert bzw. nur dann möglich sein, wenn eine Verschiebung gegenüber der vom Reiseveranstalter nachträglich mitgeteilten Flugzeit eintritt. Der Reiseveranstalter hätte es insoweit auch in der Hand, durch eine späte Festlegung der Flugzeit dem Reisenden eine diesem nicht angenehme Flugzeit ohne Sanktionsmöglichkeit zuzuweisen (z.B. Nachtflug).